Die einzelnen Grafikelemente entstehen damals nicht mehr auf Karopapier wie noch für mein Jump´n´Run-Frühwerk Twinky goes hiking. Inzwischen gab es leistungsfähige Malprogramme und Editoren, die sogar Amiga-Grafik auf das C64-Format herunter rechnen können. Sie machen dabei Fehler, man muss nacharbeiten, trotzdem eine große Hilfe.
Dafür bin ich ihnen heute sehr dankbar. Aber im Sommer 1989 hänge ich anderen Gedanken nach. Ich überlege, wie ich die Figuren so groß kriege, das sie dem Amiga-Originalspiel nahe kommen. Die gängige Methode auf dem Commodore 64 – also die Figuren mit Hilfe der in den VIC-Videochip integrieren Hardware-Sprites zeichnen – stößt an ihre Grenzen. Allein die Abbildung des Helden benötigt zwei Hardware-Sprites, jeder Terrorist verbraucht weitere zwei. Der VIC kann eigentlich nur acht Sprites zeichnen. Wenn also jede Figur zwei Sprites verbraucht, ergibt sich daraus eine simple Rechnung: Ohne Tricks und Kniffe würden neben dem Befreier maximal zwei Terroristen und eine Geisel auf dem Bildschirm Platz finden. Viel zu wenig.
Auf aktuellen Commodore-64-Emulatoren läuft Persian Gulf Inferno ganz prima. |
Die Lösung bringt ein sogenannter Sprite-Multiplexer, wie er beispielsweise bei Oceans großartiger C64-Arcadeumsetzung Terra Cresta und Sensible Softwares vielleicht größtem Wurf auf dem C64, dem originellen Ballergame Wizball zum Einsatz kommt. Mit Hilfe dieses Software-Trick lässt sich die Sprite-Anzahl vervielfachen. Man biegt dem Commodore 64 über Rasterzeilen-Interrupts und Maschinensprache-Codes bei, er soll zu ganz bestimmten Zeitpunkten ein im oberen Bildteil bereits verwendetes Sprite nehmen, und es im Bildteil darunter ein zweites oder sogar drittes Mal zeichnen. Das Timing ist ein bisschen kritisch. Bestimmte Prozessor-Kommandos müssen auf die hunderstel Sekunde genau zwischen der 6510-CPU und dem VIC-Videochip synchronisiert werden, sonst gibt´s Bildsalat.
Das Amiga-Original von Persian Gulf Inferno wurde kurz nach Erscheinen indiziert. Für den deutschen Markt ändern wir nur den Namen auf North Sea Inferno, das Gamplay bleibt unangetastet. |
Dank Multiplexer rennen nun also problemlos fünf oder mehr fiese arabische Terroristen über den Bildschirm. Sie sind allerdings der Grund dafür, dass das Amiga-Original von Persian Gulf Inferno kurz nach Erscheinen aus dem Handel verschwindet. Ich kriege das Drama erstmal gar nicht mit. Die Amiga-Version erscheint einige Zeit, bevor ich meine Umsetzung für den Commodore 64 vollenden kann. So ungefähr vier Wochen vor Beendigung der Arbeiten klingelt mich frühmorgens das Telefon aus dem Bett. Ein aufgeregter Ralf Kleinegräber – Chef meines Auftraggebers Magic Bytes – ruft in die Leitung: die Bundesprüfstelle habe Persian Gulf Inferno indiziert. Warum, wisse er nicht so genau. Er vermute aber, es läge an den arabischen Terroristen. Während wir telefonieren, ahne ich Schlimmes.
P.S.: Noch etwas Werbung in eigener aktueller Sache, man möge mir verzeihen: Lust auf kreatives Gameplay, das ebenfalls große Gefühle auslöst? Dann lade Dir Anno Domini auf dein iPhone oder iPad. Code by me, Gamedesign by Frank Furtwängler, Publishing bei Ravensburger Digital.