Wie das bei einer mehrteiligen Textreihe so ist: Gut wenn man weiß was bisher geschehen ist. Teil Eins ist hier zu finden, Teil Zwei hier und Teil Drei hier. Und jetzt geht´s weiter…
Mein Herz hämmert wie wild, es droht mir die Brust zu sprengen, als zwei Wochen später ein Umschlag zurück kommt. Absender: Ariolasoft. Ja, sie wollen das Spiel haben! Ich solle nur noch ein paar Änderungen durchführen: Das Zeilenflackern an der Oberkante einer Bildschirmzeile beseitigen, einen Kassetten-Turboloader integrieren – Kleinigkeiten. Ich kann es nicht fassen. Ariolasoft. Bei dem Namen schießen mir Worte wie “Fort Apocalypse”, “Choplifter!” und “Mask of the Sun” durch den Sinn. Wirklich großartige Spiele. Mein kleines Selfmade-Game spielt nicht annähernd in dieser Liga. Trotzdem wollen sie es haben.
Dass das Abkommen kurz darauf aus juristischen Gründen scheitert, damit kann ich gut leben. Denn inzwischen habe ich sehr ausführliche Rückmeldung aus England erhalten. Elite-Gründer Steve Wilcox lehnt ab, aber er tut das sehr höflich und begründet die Entscheidung anhand einer ausführlichen Technik- und Gameplay-Beurteilung. Fühlt sich gut an, wenn einen so ein Mann ernst nimmt. Aber es fühlt sich noch besser an, wenn der Antwortbrief gleich einen Vertragsentwurf enthält. Das ist beim Schreiben von Firebird Software der Fall. Zwei Herren namens Jo Bonar und Colin Fuidge sagen, dass hätten das Spiel geprüft und würden es gerne europaweit veröffentlichen. Zwar ist “Twinky” ihrer Meinung nach nur gut genug für das Budgetlabel von Firebird, aber damit bin ich mehr als froh. Immerhin erhalte ich eine Wahnsinns-Summe. 10.000 Mark pauschal, plus ein paar Mark extra als Erfolgsbeteiligung. Irres Geld für einen Schüler. Und ich erhalte das Geld sogar schnell und problemlos. In den hemdsärmeligen Zeiten damals ein eher seltenes Glück.
Das Spiel erscheint Ende 1986. Es sollte sich im kommenden Jahr rund 17.000-mal verkaufen. Selbst jetzt, 25 Jahre nach Erscheinen, stolpere ich im Internet über Meinungen und Kritiken. Es macht mich stolz, dass der Zwei-Spieler-Modus und die knuffige Grafik auf Zuspruch stoßen. Via Internet habe ich überhaupt erst erfahren, dass USA-stämmige den Namen “Twinky” mit einem pappsüßen Minikuchen gleichsetzen. Das Zuckergebäck sieht dummerweise auch noch ähnlich kugelrund aus wie der Held meines Spiels. Wenn ich heute also Kritik deswegen ernte, oder weil der Abspann so fade, und der Schwierigkeitsgrad so überzogen hoch geraten ist – dann darf ich sagen: alles wahr.
Aber bald wird alles besser, und zwar im geplanten Remake für iOS. Das Ding heißt “Twinki Run Run” und freut sich über Freunde seiner Facebook-Seite. Hoffe nur, “Twinki Run Run” erntet salbendere Worte als das, was Journalisten-Kollege Heinrich Lenhardt 1990 im Powerplay-Magazin über mein nächstes großes Projekt zu sagen hatte: “North Sea Inferno”. Aber das ist eine andere Geschichte.
Soviel für diesmal. Wer den kompletten Artikel in einem Stück lesen mag, holt sich die neue Ausgabe des Retro Magazin am Kiosk. Ganz oldschool auf Papier.